Kristin Alheit im Bundesrat: Gleiche Rechte bei Adoption für Schwule und Lesben umsetzen – Vorstoß Schleswig-Holsteins im Bundesrat

BERLIN. Sozialministerin Kristin Alheit setzt sich heute (11.4.) im Bundesrat für gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften bei Adoptionen ein. Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit Sachsen-Anhalt im Bundesratsverfahren zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung entsprechend Stellung bezogen. Der Bundesrat stimmt heute über diesen Vorstoß ab.

Alheit fordert von der Bundesregierung eine weitergehende Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Adoptionsrecht. Ziel ist, dass zukünftig auch gleichgeschlechtliche Paare zeitgleich gemeinsam ein Kind adoptieren können. Der jetzige Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht eine so genannte Sukzessivadoption vor, wonach Lesben und Schwule ein Kind dann adoptieren können, wenn es zuvor vom jeweiligen Partner bereits adoptiert worden ist. Der Schritt wird zwar grundsätzlich begrüßt, geht aus Sicht Schleswig-Holsteins aber nicht weit genug. Hintergrund ist unter anderem ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, dass eine größere Gleichbehandlung fordert.

Anlässlich der Bundesratsbefassung betont Ministerin Alheit:

„Es war in der Vergangenheit leider nicht die Politik, die das Adoptionsrecht von eingetragenen Lebenspartnerschaften in eine verfassungsgemäße Gesetzesform gebracht hat. Dies hat mit Urteil vom 19. Februar letzten Jahres das Bundesverfassungsgericht für die Fälle der Sukzessiv-adoption korrigiert. Es ist gut – aber auch nur recht und billig-, dass nun die Bunderegierung einen Gesetzentwurf vorlegt, damit dies in Parlamentsrecht nachvollzogen wird. Und es ist gut, weil das Verbot der Sukzessiv-adoption bei Homosexuellen das Recht auf Gleichbehandlung verletzt. Es benachteiligt sowohl gleichgeschlechtliche Paare als auch deren Nachwuchs.

Allerdings werden Schwule und Lesben nach dem vorliegenden Entwurf der Bundesregierung auch weiterhin ein Kind nicht zeitgleich gemeinschaftlich annehmen können.

Sie bleiben auf ein doppeltes Verfahren verwiesen. Das bedeutet: eine doppelte Belastung. Das bedeutet eine von staats- und amts-wegen verlängerte Unklarheit, zu wem ein Kind rechtlich gehört. Was den unstrittigen Anforderungen an ein kindeswohlorientiertes Verfahren widerspricht.

Und warum ist das so? Weil eben immer noch strittig ist, wie weitgehend die vom Verfassungsgericht vorgezeichnete Gleichstellung nachvollzogen werden soll. Ob lediglich für den entschiedenen Fall, oder nach dem Maßstab des Urteils, der eben über die Sukzessivadoption hinaus weist.

Schleswig-Holstein hat sich in den Ausschussberatungen nicht engagiert, um den vorhandenen Dissens zu vertiefen. Es geht uns um einen Appell an alle Teile der Bundesregierung und alle Mitglieder des Bundestages zur Verständigung und zur sorgsamen und rationalen Abwägung. Zu erwägen ist, was der Satz des Bundesverfassungsgerichts bedeutet – den ich mit Ihrer Erlaubnis zitiere: „Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe“. Dieser Satz beinhaltet einen klaren Maßstab für die Beurteilung des Adoptionsrechts über die entschiedene Frage der Sukzessiv-adoption hinaus. Dieser Satz sagt, dass die Fähigkeit von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern, gute Eltern und auch gute Adoptiveltern zu sein nicht typisiert anders zu beurteilen ist als bei Ehepaaren. Sie ist – im Interesse des Kindeswohls – in jedem Einzelfall durch das Familiengericht zu beurteilen, wie bei adoptionswilligen Ehepaaren auch. Der Wille von Schwulen und Lesben, ein Kind zu adoptieren, ist nach den Maßstäben unseres Grundgesetzes nicht anders zu beurteilen, als dies bei Eheleuten der Fall ist.

Wenn das so ist, dann ist es schwerlich zu begründen, warum eine rechtliche Gleichstellung nur lückenhaft vollzogen werden soll. Der Satz aus Karlsruhe ist aber auch ein deutlicher Hinweis, auf eine absehbare Folge, die der fehlende Mut zu einer konsequenten Anwendung der verfassungs-gerichtlichen Vorgaben hätte: Ein neues Verfahren, in dem wiederum wir, die Politik, durch das Bundesverfassungsgericht korrigiert würden. Was keine Spekulation ist, sondern einem Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 23. Januar dieses Jahres deutlich abzulesen. Auch wenn dort eine Verfassungsbeschwerde von Lebenspartnern gegen das Verbot einer gemeinschaftlichen Adoption an formalen Zulässigkeitshürden gescheitert ist. Es ist absehbar nur eine Frage der Zeit, bis eine entsprechende weitere Klage die Karlsruher Richter erreicht.

Der Appell, der sich mit den Formulierungen aus Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt verbindet, ist daher ein doppelter: Erstens: Lebenspartnern den vollen Respekt zu erweisen, den sie verdienen. Diesen Respekt erweist der Verfassungsstaat nicht rhetorisch, sondern in Form von gleichen Rechten. Und zweitens: in Verantwortung auch für die Institutionen eben dieses Verfassungsstaates so zu entscheiden. So dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine verfassungsfreundliche Gesetzgebung und Exekutive nicht relativiert, sondern gestärkt wird.

Daher bitten wir die Bundesregierung im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine weitergehende Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Adoptionsrecht umzusetzen. Unsere Vorschläge dazu liegen vor.“

Die Pressemitteilung als Pressemitteilung Ministerin Alheit als pdf-Download

Verantwortlich für diesen Pressetext: Christian Kohl | Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein | Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel | Telefon 0431 988-5317 | Telefax 0431 988-5344 | E-Mail: pressestelle@sozmi.landsh.de |

Medien-Informationen der Landesregierung finden Sie aktuell und archiviert im Internet unter www.schleswig-holstein.de | Das Ministerium finden Sie im Internet unter www.msgfg.schleswig-holstein.de | Das Landeswappen ist gesetzlich geschützt.